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Der Axthieb: Exterieurmängel oder Spiegelbild der Ausbildung?
23. Oktober 2013
Ein kleines Detail in der optischen Wahrnehmung lässt manchmal erkennen, ob ein Pferd reell über den Rücken geritten wird oder ob es nur so aussieht. Viele beachten den Axthieb allerdings leider nicht, bzw. reden sich mit Hilfe des Exterieurs heraus. Vor allem bei Reitern von Vollblütern oder Warmblütern mit hohem Vollblutanteil hört man sehr oft die Aussage, dass der Axthieb eben da ist, weil das Pferd diesen und jenen Halsansatz hat. Damit haben sie nicht Unrecht, nur verweilen sie ausschließlich in der halben Wahrheit. Sobald ein Pferd korrekt trainiert wird, verschwindet der Axthieb…rein optisch betrachtet. Allerdings kann das V vor dem Widerrist auch bei Pferden angeritten werden, die untrainiert keinen Axthieb aufweisen würden.
Was ist der Axthieb?
Der Übergang vom Hals zum Widerrist ist gekennzeichnet mit einer kleinen V-förmigen Kerbe. Je nachdem, wie steil der Halsansatz und wie hoch der Widerrist ist, ist diese tief und deutlich sichtbar. Mitunter spielt auch nur der steile Halsansatz eine Rolle und der Axthieb ist ebenso bei weniger hoch ausgeprägten Dornfortsätzen zu sehen. Manche Rassen, vor allem Vollblüter, sind prädestiniert für ein solches Exterieur und vererben diese Veranlagung bei der Veredelung mit anderen Rassen weiter. Viele bezeichnen ihn als Exterieurmängel. Allerdings kann man das auch von einer anderen Seite aus betrachten…
Zusammenhang mit reellem Training
Wird ein Pferd korrekt ausgebildet und trainiert, wird es den Rücken aufwölben und somit die Brustwirbelsäule und Halswirbelsäule dehnen. Der entstehende Spannungsbogen hebt das V an und streckt dieses quasi aus. Werden die Muskeln konstant um die Streckung des Axthiebes herum gestärkt, verschwindet dieser im Laufe der Zeit in der optischen Wahrnehmung. Da der Spannungsbogen Basis der gesamten Reitpferdeausbildung ist und auch die Versammlung auf diesem aufbaut, darf er bei Pferden, die im Training stehen, nicht mehr wieder erscheinen.
Ein Umkehrschluss dagegen ist, dass gerittene Pferde, bei denen der Axthieb deutlich zu sehen ist, nicht über den Spannungsbogen trainiert werden. Ein Aufwölben des Rückens und die Dehnung der HWS/BWS fehlen. Oft sind die Pferde über die Hand in Beizäumung geritten worden, brechen im Rücken nach unten weg und halten sich über die Unterhalsmuskulatur fest. Selbst unser beliebtester Indikator, ob die Pferdenase vor oder hinter der Senkrechten verweilt, ist hier äußerst unzuverlässig. Pferde mit besagtem Halsansatz können hervorragend die Nase vor der Senkrechten tragen und sich trotzdem im Übergang der HWS zur BWS aufkröpfen. Sichtbar ist dies dann durch das V des Axthiebes.
Exterieurmängel oder Spiegelbild der Ausbildung?
Aufgrund der guten Zuchtergebnisse der letzten Jahrzehnte kann man kaum noch optische Unterschiede zwischen reell gerittenen und unreell gerittenen Pferden in der Bewegung erkennen. Auch muskulär betrachtet verschwimmen Wahrheiten im Ziele der Zucht. Gut gezogene Warmblüter bringen untrainiert eine Oberhalslinie ins Spiel, davon können andere Reiter nur träumen. Ähnlich ist es mit den gezüchteten Muskelprotzen der Westernpferdliga. Noch nie trainierte Pferde sehen aus wie Popeye.
Aber der Axthieb ist ein solches Zeichen. Über den Rücken aufgewölbte Pferde zerstrecken ihn und er ist nicht mehr sichtbar. Anders ist es anatomisch nicht möglich. Somit liefert uns ein ausgeprägter Axthieb einen zuverlässigen Indikator dafür, ob ein Pferd korrekt trainiert und geritten wird. Auch Rassen, bei denen so mancher Reiter glaubt, er müsse mit dem Axthieb leben, erhalten durch korrektes Training ein "makelloses" Exterieur. Auf den Bildern sind zwei reinrassige Vollblutaraber zu sehen. Der Schimmel beginnt mit dem Training, der Braune wird bereits länger geritten.
In diesem Sinne hält der Axthieb dem Reiter einen Spiegel vor das Gesicht und sollte nicht als Mängel bezeichnet werden.
Diana Zarrouk