Ihr Lieben,
danke noch einmal.
Ich möchte erzählen, wie es ausgegangen ist, so schwer es mir fällt.
Morgen werde ich sie zum Schlachter bringen, am Donnerstag wird sie geschlachtet und ich werde dabei sein können.
Wie nun?
Ich hatte die Übernahme so sorgfältig vorbereitet, wie es nur möglich war - Box gerichtet, Mönchspfeffer bestellt, eine Dauerrosse-Futterration bereitgestellt, fachkundige Begleitung trotz deren erheblichen Terminnöte zum Mitkommen bekniet und war pünktlich am Platz. Durch einen saudummen technischen Defekt konnten wir nicht wie geplant mit den Verkäufern Kontakt aufnehmen: die angegebene Rufnummer wurde offenbar nicht erkannt, obwohl sie richtig eingetippt worden war. (Hat das jemand außer uns schon einmal erlebt?). Also mußten wir unverrichteter Dinge wieder fahren. Als ich nach Hause kam, war da schon eine Nachricht der Besitzer, die sich gewundert hatten.
Da mein Wunsch, das Leben des Tieres zu retten größer war als meine Vorsicht, bin ich auf den Vorschlag, uns auf halber Strecke zu treffen, eingegangen. Dort schien alles in Ordnung. Hängerfahrt war auch in Ordnung. Beim Abschied war ich noch einmal gewarnt worden, daß sie ab und zu tritt. Ausladen war schon schwierig - als ich sie rückwärts aussteigen lassen wollte, was sie kann, hatte ich sie vorsichtig an der Sattellage berührt, um sie in die Mitte der Ladeklappe zu dirigieren. Das war gar nicht recht und wurde mit Quietschen und einem kleinen Buckler quittiert. Da es stockdunkel war, hatte ich auf weitere Nachforschungen keine Lust und habe sie im Hänger gedreht. Dann ging alles nach Plan - sie ließ sich ohne besondere Widerstände in ihre Box bringen und begann sogleich zu fressen. Da ich kurzfristig die Boxen tauschen mußte, hatte ich sie in der Box meines größeren DRPs einquartiert aber nicht bedacht, daß sie nicht an den Wassereimer gelangen können würde, der an der Wand montiert ist. Ich habe mir das gemerkt und zunächst meine Pferde von der Wiese geholt, damit ich wenigstens noch halbwegs etwas sehen konnte. Dann bin ich in ihre Box gegangen, um den Eimer abzuhängen, hatte sie dabei aber vorsichtshalber am Halfter gepackt und mitgedreht, damit ich nicht in Reichweite ihrer Hufe gelangen würde. Das gelang, aber ich merkte, daß sie das überhaupt nicht schätzte. Sie wollte nicht weichen, konnte aber nicht viel machen, denn Beißen und nach vorn treten gehört offenbar nicht ins Repertoire. Als ich noch einmal vorsichtig, nach Anmeldung, ihre Box betreten wollte, wurde ich von einem Hagel von Tritten empfangen. Mit Buckeln. Hufe in Brusthöhe. An eine pferdische Reaktion - etwa ein Zurücktreten - war überhaupt nicht zu denken.
Beim Nachdenken kann ich nicht erkennen, daß sie das vorher angekündigt hat. Keine zurückgelegten Ohren, kein Versuch auszuweichen, kein Blickkontakt, keine sichtbare Körperbewegung wie Verrenkungen oder Biegungen, o.ä. Ich hatte das Gefühl, sie hätte einfach den Kopf aus der Heuraufe genommen, wäre in aller Seelenruhe 1- 2 Schritte rückwärts getreten und hätte dann das Katapult in Bewegung gesetzt.
Ich war sehr erschrocken, hatte mir aber vorgenommen, solch ein Verhalten eines Pferdes nie wieder unbeantwortet zu lassen. Die Antwort kam dann leider nicht in den wünschenswerten 1-3 s, ich mußte mich erst noch nach einem passenden Gegenstand bücken. Dann habe ich sie ordentlich verdroschen. Ich glaube, hätte ich das nicht gemacht, würde ich sie nie wieder anfassen können. Das hat leider nicht gereicht und die Szene wiederholte sich noch einmal. Mir war klar, daß dieses Problem von mir unter den gegebenen Umständen nicht zu lösen sein würde. Hätte ich diese Hoffnung nicht gehabt, hätte ich nicht zugeschlagen. Ich habe mich gestern abend noch mit zwei Pferdefrauen beraten, die unabhängig voneinander nach Schilderung der Umstände zu einer schleunigen Schlachtung rieten.
Diesen Ausgang hatte ich als worst case vor dem Kauf überlegt und Kontakt mit dem Schlachtbetrieb aufgenommen. Nun kommt es tatsächlich so weit.
Es ist so jammerschade um dieses wunderschöne Tier; es wäre mir eine große Freude gewesen, ihm sein Leben zu erhalten. Aber in einem solchen Falle hilft alle gute Absicht nicht - es gibt keine fachkundigen Plätze, die zur Aufnahme bereit wären. Alles andere ist völlig ausgeschlossen.
Desillusioniert
Finche